Die Idee
Bei jeder Wahl gibt es junge und neueingebürgerte Menschen, die zum ersten Mal das Recht haben, ihre Stimme abzugeben: die Erstwähler*innen. Bei vielen Landtags -und Kommunalwahlen dürfen 16-Jährige bereits seit Jahren wählen, auf gesamteuropäischer Ebene war dies zur Europawahl 2024 zum ersten Mal der Fall. Bei neueingebürgerten Menschen in Deutschland ist es dagegen möglich, auch mit 40 oder 50 noch Erstwähler*in zu sein.
Dass Demokratie jedoch kein Selbstläufer ist, zeigt die Statistik: besonders die Wahlbeteiligung dieser beiden Gruppen fällt bei den meisten Wahlen vergleichsweise niedrig aus. Nur wenn es gelingt, bei jungen und neueingebürgerten Menschen ein nachhaltiges Interesse für die Demokratie zu wecken, lässt sich solchen Trends entgegenwirken.
Genau hier setzen wir mit dem Projekt ERSTWAHLPROFIS an: Wahlen bilden eine besonders niedrigschwellige Form politischer Teilhabe, weshalb wir junge und neueingebürgerte Menschen zu Wahlhelfer*innen ausbilden und damit zu Multiplikator*innen für die Demokratie machen. In unserem Seminar lernen die Teilnehmenden in einem umfassenden Rollenspiel alles, was sie brauchen, um am Wahltag im Wahllokal als Profis auftreten zu können. Darüber hinaus werden sie dazu befähigt, als Expert*innen ihre eigene Wahlentscheidung zu treffen und sich in ihrem Familien- und Freundeskreis für die Demokratie stark zu machen.
Indem die Teilnehmenden eine Aufgabe mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung wahrnehmen, werden sie in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt, was man in der Psychologie als Selbstwirksamkeitseffekt bezeichnet: wer eine Tätigkeit mit Sinn ausführt, also daran glaubt, dass er oder sie etwas bewirken kann, erfährt dadurch eine Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls.
Zahlreiche Teilnehmende engagieren sich auch nach ihrer ersten Wahl regelmäßig als Wahlhelfer*innen und berichten von einem größeren Interesse an politischen Themen. Sie bringen das Erlebte mit Begeisterung in ihr Umfeld und tragen so nachhaltig zur Wahlbeteiligung in ihrer sozialen Gruppe bei.
Das Seminar
Was wählen wir da eigentlich? Wo kann ich mich für meine eigene Wahlentscheidung informieren? Wie überzeuge ich andere, auch wählen zu gehen? Und warum ist das überhaupt wichtig?
Diesen Fragen gehen wir am Anfang des Seminars nach und statten unsere Erstwahlprofis so mit jeder Menge Hintergrundwissen und praktischen Tipps aus, um sie zu Botschafter*innen für die Demokratie zu machen. Die Teilnehmenden diskutieren über demokratische Praktiken weltweit und erfahren, welche Wahlrechtsgrundsätze in Deutschland gelten. Sie überlegen sich, was dies für ihren Einsatz im Wahllokal bedeutet und wie man dort am besten auftritt.
Dabei legen wir viel Wert auf abwechslungsreiche Methoden: es wird gepuzzelt und Schere-Stein-Papier gespielt, die Teilnehmenden treten im Demokratie-Quiz gegeneinander an und gestalten ihre*n Erstwahlheld*in. Am besten lernt man schließlich, wenn es Spaß macht!
Danach wird es dann ernst: im großen Rollenspiel lernen die Teilnehmenden alles, was sie wissen müssen, um am Wahltag im Team mit anderen Wahlhelfer*innen ein Wahllokal leiten zu können. Sie bauen das Wahllokal auf und lernen von der Wahlbekanntmachung über den Stimmzettel bis zum Wahlberechtigtenverzeichnis alle wichtigen Dokumente kennen, die am Wahltag gebraucht werden.
Dann schlüpfen sie abwechselnd in die Rollen von Wahlhelfer*innen, Wähler*innen und Beobachter*innen. Worauf muss man achten, damit am Wahltag alles reibungslos läuft? Wie wird sichergestellt, dass alle Wahlrechtsgrundsätze eingehalten werden? Braucht man einen Ausweis, um wählen zu dürfen? Und was passiert eigentlich, wenn eine blinde Person ihre Stimme abgeben möchte? Das Motto lautet: selbst ausprobieren, viele Fragen stellen und im Team demokratische Entscheidungen treffen.
Abschließend werden die Stimmzettel, wie am Wahltag, ausgezählt und das Ergebnis korrekt in der Wahlniederschrift festgehalten. Geschafft! Es bleibt noch Raum für offene Fragen, ein Einblick in die Auszählung der Briefwahl und mögliche Herausforderungen am Wahltag.
Am Ende können die Teilnehmenden voller Vorfreude auf den Wahlsonntag blicken: sie sind Profis im Wahllokal und häufig besser vorbereitet als viele andere Ehrenamtliche in ihrem Team. Zugleich haben auch diejenigen, die vielleicht keinen Einsatz im Wahllokal absolvieren, ein spannendes Demokratiewochenende hinter sich und können sich nun mit viel Wissen, Begeisterung und eigenen Eindrücken für die Demokratie einsetzen.
Die Initiative
ERSTWAHLPROFIS wächst (siehe 'Die Story')! Das Konzept findet Anklang und soll auch in Zukunft weiterhin zu Bundestags- und Europawahlen sowie möglichst vielen Landtagswahlen umgesetzt werden.
Damit dies gelingen kann, geben wir alles, was man braucht, um ERSTWAHLPROFIS-Seminare vor Ort organisieren zu können, an Kooperationseinrichtungen weiter. Diese können sich aus unserem Seminarbaukasten ihr eigenes, passendes Seminar zusammenstellen sowie unsere Expertise für die Teilnehmendenakquise und den Kontakt zu Wahlämtern nutzen.
- HAUS RISSEN liefert alles, was man braucht, um eigene ERSTWAHLPROFIS-Seminare durchzuführen – von den Werbemittelvorlagen bis zum Seminarkonzept, zum größten Teil selbstständig aneigenbar, auf unser digitalen Projektplattform.
- In einer ein- bis zweitägigen Train-the-Trainer Schulung werden alle Teamer*innen (optimal sind zwei pro Kooperationseinrichtung) kostenlos vom ERSTWAHLPROFIS-Team auf die Seminardurchführung vorbereitet.
- Die Kooperationspartner*innen führen im Anschluss eigene ERSTWAHLPROFIS-Seminare in ihrem Umfeld durch. Kosten und Organisation der Seminare für die Erstwähler*innen tragen sie selbst.
- Am Wahltag können sich die Erstwahlprofis als Teil eines Wahlvorstands in ihrer Stadt, Gemeinde oder ihres Bezirks engagieren. Zum Dank erhalten sie eine finanzielle Anerkennung von ihrer Stadt/Gemeinde oder ihrem Bezirk sowie ein Zertifikat von ERSTWAHLPROFIS, unterschrieben von der Schirmherrin der Initiative.
Alle weiteren Infos sind unter Jetzt Kooperationeinrichtung werden zu finden.